“Psychologische Beratung” oder “Coaching”?
Der Begriff “Coaching” wird hauptsächlich im beruflichen Kontext verwendet. Coaching gilt als Maßnahme für “gesunde” Menschen zur Bearbeitung berufsrelevanter Themen. Psychologische Beratung wird – leider – immer noch eher mit “psychischen Problemen” in Verbindung gebracht.
In der praktischen Arbeit wird schnell deutlich, dass Coaching und psychologische Beratung ineinander übergehen. Welche Themen sind „beruflich“ und welche „privat“? Die bisher erfolgreiche und zuverlässige Projektmanagerin kann durch die unerwartete Trennung ihres Partners völlig aus der Bahn geworfen werden. Hinter den Schwierigkeiten einer Führungskraft, Aufgaben zu delegieren, steckt oft Angst, nicht gut genug zu sein und von anderen überholt zu werden. Oder hinter langen Arbeitszeiten der Wunsch nach Status und Anerkennung. Und ganz praktisch gefragt: Soll ein Coaching abgebrochen werden, wenn es auf einmal zu “persönlichen” emotionalen Reaktionen kommt? Wenn die unvermeidlichen Erfahrungen aus der eigenen Kindheit auftauchen, die bis heute unser aller Verhalten beeinflussen? Auch bei einer beruflich ausgerichteten Potenzial- oder Karriereberatung wird ein sorgfältig hinterfragender Coach auf Denkmuster stoßen, mit denen sich Menschen selbst daran hindern, ihr Potenzial optimal zu nutzen. Selbst die Abgrenzung zwischen „gesund“ und „krank“ ist in der Praxis schwierig: Sind beispielsweise gesundheitsschädigende Verhaltensgewohnheiten wie übermäßiger Alkoholgenuss oder übermäßiges Essen als „Ausgleich“ für empfundenen Stress am Arbeitsplatz bereits „krank“? Oder körperliche Symptome wie z.B. Nacken- oder Kopfschmerzen?
Business Coaches betonen gerne, dass sie strukturiert vorgehen: Erfassung eines Ist-Standes, Erarbeitung eines Zielzustandes und Erarbeitung der zugehörigen Problemlösungs- und Umsetzungsstrategien. Diszipliniertes Selbstmanagement. Warum funktioniert das aber so oft nicht? Weil wir uns mit unseren Denkmustern, Selbstzweifeln und Ängsten selbst im Weg stehen. Gefühle lassen sich aber nicht mit rationalen Argumenten bearbeiten. Genauso wenig wie sich Selbstvertrauen in Kommunikations- oder Präsentationstrainings antrainieren lässt. Ist für die meisten Menschen keine neue Erkenntnis…
Der Begriff „Coach“ ist nicht geschützt. Spätestens seit dem rasanten Anstieg von Burnout und Angstsymptomen am Arbeitsplatz sollte aber deutlich geworden sein, dass auch ein Coach im beruflichen Umfeld über kommunikative Grundlagen hinaus psychologische Beratungskompetenz, Wissen über psychosomatische Zusammenhänge und Erfahrung in der emotionalen Verarbeitung von Ereignissen braucht, um Menschen effektiv unterstützen zu können.
Egal, ob es um ein Coaching oder eine psychologische Beratung geht: Nach meinem Verständnis kommen Sie um die Auseinandersetzung mit Ihren Bedürfnissen, Glaubenssätzen, Zielen und Ihrem Selbstbild, d.h. um die Auseinandersetzung mit sich selbst und Ihrer Selbstverantwortung nicht herum. Was für mich wichtig ist: Sie sollten bereits nach einem oder zwei Terminen das Gefühl haben, nicht mehr nur zu re-agieren oder passiv zu verharren, sondern Ihr Leben wieder deutlich mehr selbst gestalten zu können!